Prediger 10

Lesung aus dem Buch Kohelet

Der Prediger, Kap. 10

Ca. 950 v. Chr.

Tote Flie­gen *) ma­chen ran­zig und trübe das Öl des Sal­ben­mi­schers; so ver­derbt ein wenig Tor­heit den Wert der Weis­heit. –

Der Sinn des Wei­sen ist auf das Rech­te ge­rich­tet **) und der Sinn des Toren auf das Ver­kehr­te; und wo der Tor auch gehen mag, auf Schritt und Tritt, ver­sagt sein Ver­stand, so dass er sich allen Leuten als Toren zu er­ken­nen gibt. –

Wenn der Unmut des Herr­schers gegen dich auf­steigt, so ver­lass darum dei­nen Platz (oder: Pos­ten) nicht; denn Ge­las­sen­heit ver­hü­tet (oder: macht gut) schwe­re Ver­feh­lungen. –

Es gibt einen Übel­stand, den ich unter der Sonne wahr­ge­nom­men habe, näm­lich ein ver­fehl­tes Ver­fah­ren, das von einem Macht­ha­ber aus­geht:
Toren wer­den auf große Höhe ge­stellt (= in die höchs­ten Wür­den ein­ge­setzt), und Rei­che (oder: Edle) müs­sen unten sit­zen. Ich habe Skla­ven hoch zu Ross ge­se­hen und Fürs­ten wie Skla­ven zu Fuß ein­her­gehen.

Wer eine Grube gräbt, fällt selbst hi­n­ein (oder: kann hi­n­ein­fal­len), und wer Ge­mäu­er ein­reißt, den kann eine Schlan­ge bei­ßen; wer Steine bricht, kann sich an ihnen ver­let­zen, wer Holz spal­tet, kann sich dabei we­hetun. –

10 Wenn eine Axt stumpf ge­wor­den ist und man die Schnei­de nicht schärft, dann muss man seine Kräfte um so mehr an­stren­gen; aber der Vor­teil des In­stand­set­zens ist Weis­heit. –

11 Wenn die Schlan­ge beißt, ehe die Be­schwö­rung statt­ge­fun­den hat, so hat der Be­schwö­rer kei­nen Nut­zen (von sei­ner Kunst).

12 Worte aus dem Munde eines Wei­sen sind herz­ge­win­nend, aber den Toren rich­ten die ei­ge­nen Lip­pen zu­grun­de. 13 Der An­fang der Worte sei­nes Mun­des ist Tor­heit und das Ende sei­nes Re­dens schlim­mer Un­sinn.

14 Auch macht der Tor viele Worte, ob­gleich kein Mensch weiß, was ge­sche­hen wird, und nie­mand ihm an­sa­gen kann, was die Zu­kunft bringt.

15 Die Mühe, die der Tor auf­wen­det, macht ihn müde, so dass er den Weg nach der Stadt nicht mehr kennt.


16 Wehe dir, Land, des­sen König ein Knabe ist und des­sen Fürs­ten schon am Mor­gen schmau­sen! 17 Heil dir, du Land, des­sen König ein Spross von edler Her­kunft ist und des­sen Fürs­ten zu rech­ter Zeit ta­feln, und zwar als Män­ner und nicht als Ze­cher (oder: Trun­ken­bolde)! –

18 Infol­ge von Faul­heit senkt sich das Ge­bälk (eines Hau­ses), und in­fol­ge von Läs­sig­keit der Hände tropft das Haus (= dringt der Regen durch das Haus­dach). –

19 Zur Be­lus­ti­gung ver­an­stal­tet man Mahl­zei­ten, und der Wein er­hei­tert das Leben, und für Geld kann man alles haben. –

20 Selbst auf dei­nem Lager flu­che dem Kö­ni­ge nicht, und einen Hoch­ge­stell­ten schmä­he auch in dei­nem Schlaf­ge­mach nicht; denn die Vögel des Him­mels könn­ten den Laut (= das Aus­ge­spro­che­ne) wei­ter­tra­gen und ein ge­flü­gel­ter Bote das Wort ver­raten.



In der ge­druck­ten Menge-Bibel von 1963 fin­den sich fol­gen­de Fuß­no­ten:

*) Richti­ger wohl: „töd­li­che = gif­ti­ge Fliegen.“

**) Eigent­lich: be­fin­det sich (oder: geht) zu sei­ner Rech­ten und der Sinn des Toren zu sei­ner Linken.

 


 

»Die Bibel nach der Über­set­zung von Her­mann Menge. Die vor­lie­gen­de elek­tro­ni­sche Aus­ga­be gibt die letz­te von Menge be­ar­bei­te­te Text­fas­sung von 1939 in­klu­si­ve der Apo­kry­phen wieder.«
Diese Texte sind mit Dank ent­nom­men dem Xi­phos/Sword -Pro­jekt.
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